45 Stunden Vermisstensuche
Aufwändige grenzüberschreitende Suchaktion
Eine riesige Suchaktion wurde von rund deutschen und tschechischen 1.400 Einsatzkräften vom 10. bis 12. Oktober 2021 im weitläufigen Gebiet rund um den Cerchov durchgeführt. Vermisst wurde ein 8-jähriges Mädchen, welches zusammen mit seiner Familie auf dem höchsten Berg der Region unterwegs war. Beim Abstieg ging das Mädchen zusammen mit zwei Geschwistern ein wenig voraus, alle drei verloren die Orientierung. Die beiden Geschwister wurde von Radfahrern entdeckt, von der 8-jährigen fehlte aber fortan jede Spur. Mit der aufwändigsten Suchaktion, die jemals im Landkreis Cham durchgeführt worden ist, wurde das Mädchen schließlich am 12. Oktober gegen 13.30 Uhr von einem tschechischen Förster in der Nähe von Fichtenbach in Tschechien unverletzt entdeckt. Es hatte bis dahin 45 Stunden und damit zwei teilweise eisige Nächte alleine im riesigen Waldgebiet rund um den Cerchov verbringen müssen. Die Familie war in einem Beherbergungsbetrieb in Waldmünchen untergebracht und daher auch nicht ortskundig.
Der Vater des Mädchens wandte sich am 10. Oktober schon um kurz nach 17 Uhr an die tschechische Polizei, welche umgehend Suchmaßnahmen einleitete. Viele Bewohner auf deutscher Seite konnten daraufhin am Sonntagabend Hubschrauber über dem Böhmerwald kreisen hören. Rund zwei Stunden später wurden auch deutsche Polizeikräfte über das gemeinsame Koordinierungszentrum in Schwandorf über den Vermisstenfall informiert. Die Polizeikräfte diesseits und jenseits der Grenze suchten das Waldgebiet dann mit einem deutschen und einem tschechischen Hubschrauber aus der Luft ab.
Zunächst wurden auf deutscher Seite die Kräfte von Rettungsdienst und Bergwacht alarmiert. In Tschechien wurden schon zahlreiche Feuerwehren und Polizeikräfte in Bewegung gesetzt, welche bei der Bendahütte einen ersten Anlaufpunkt hatten, später dann auf dem Cerchov. Die Bergwacht Furth im Wald leitete zusammen mit weiteren Bergwachten umfangreiche Suchmaßnahmen ein, sowohl mit geländegängigen Fahrzeugen als auch mit Fußtrupps und mit Hunden. Eine Einsatzleitung für die Bergwacht wurde in Althütte am Skihang eingerichtet. Um 20.39 Uhr wurden auch bayerische Feuerwehren zu dem Einsatz hinzugezogen und nach Althütte beordert. Mit Unterstützung der UG-ÖEL Lobling-Katzbach sollten zunächst wir mit drei weiteren Wehren bei den Suchaktionen helfen. Das weitläufige Gebiet auf deutscher Seite von Höll bis zum Gibacht musste abgesucht werden. Hierzu wurde sich primär auf die befahrbaren Forststraßen und Waldwege beschränkt. Aber nach und nach wurden auch Wohngebiete wie Perlhütte und Waffenschleife in das Suchgebiet einbezogen. Suchtrupps und Fahrzeuge wurden von uns eingesetzt. Im Suchgebiet trafen immer mehr ausgebildete Rettungshunde ein, teilweise mit langen Anfahrtszeiten. Die Rettungshunde kamen auch vom THW, dem BRK und von der bayerischen Polizei, außerdem auch von Feuerwehren und anderen Organisationen. Es war Aufgabe der Führungskräfte aller Organisationen, unter Federführung der Polizei das teilweise extrem unwegsame Suchgebiet möglichst systematisch abzusuchen und die vorhandenen Ressourcen sinnvoll einzusetzen.
Gegen 22.30 Uhr entschieden die Einsatzleitungen, auf den Cerchov umzusiedeln, um sich dort mit den vielen tschechischen Kräften bestmöglich abzusprechen. Nach und nach fuhren so viele Einsatzfahrzeuge den höchsten Berg der Region an und erhellten mit ihren Schweinwerfern die finstere Nacht. Mit Hilfe von Dolmetschern konnte so das riesige Kräfteaufkommen sinnvoll organisiert und strukturiert werden. Auch das Bistro öffnete, damit sich die Einsatzkräfte dort ein wenig aufwärmen konnten. Am Cerchov begleiteten Landrat Franz Löffler und Bürgermeister Markus Ackermann die Suchmaßnahmen. Die ganze Nacht hindurch wurden die Wälder rund um den Cerchov durchkämmt, jedoch ohne Erfolg.
Gegen 5 Uhr entschieden sich die Einsatzleiter von Polizei, Feuerwehr, BRK mit Bergwacht und THW, das Suchgebiet und die Einsatzleitung erneut zu verlegen, nachdem zwei Mantrailer-Hunde unabhängig voneinander eine Witterung aufgenommen hatten, welche Richtung Fichtenbach ging. Die Tschechen blieben auf dem Cerchov, unser Mehrzweckfahrzeug wurde als Verbindungsfahrzeug installiert und mit Personal besetzt. Die deutschen Kräfte positionierten sich nun am Grenzübergang Schafberg. Der Zoll stellte seine Untersuchungshalle für die Einsatzleitungen zur Verfügung und gleichzeitig wurde hier auch eine Verpflegungsstelle eingerichtet. Mit Sonnenaufgang wurden viele Feuerwehren aus dem Further Bereich alarmiert, um auch im Further Gemeindegebiet viele Wälder und Wiesen mit einer großen Anzahl an Einsatzkräften abzusuchen. Gegen Mittag wurden im Bereich Waldmünchen erneut Feuerwehren alarmiert, um zwei weitere Flächensuchen mit Menschenkette durchzuführen. Aber selbst diese Suchmaßnahmen blieben ohne Erfolg. In der Einsatzleitung wurde schließlich neben dem polizeilichen Einsatzführer die UG-ÖEL als zweite Gesamtleitung etabliert; fortan war diese Ansprechpartner für die Leitungen der anderen nichtpolizeilichen Hilfsorganisationen, was den Dokumentationsaufwand zwar erhöhte, aber zu einem präziseren Lagebild beitrug.
Am frühen Abend des 11. Oktober konnte die Einsatzleitung der Polizei resümieren, dass große Teile eines riesigen Waldgebietes rund um den höchsten Berg abgesucht waren. Den ganzen Tag über waren Hubschrauber im Einsatz, ebenso Hundertschaften der bayerischen Polizei. Leider weiterhin ohne Erfolg. Nach fast 24 Stunden wurde die Kräfte der UG-ÖEL durch Kameraden aus Arrach abgelöst; deren primäre Aufgabe war weiterhin das Erstellen von Lagekarten, einer Kräfteübersicht sowie das Führen des Einsatztagebuchs. Ebenfalls übernommen wurden das Einarbeiten des GPS-Trackings in eine Übersichtskarte. Auch in der Nacht auf 12. Oktober wurde die Suche intensiv fortgesetzt durch Polizei, Bergwacht und Suchhunde. Am Vormittag beorderte die Polizei zwei Einsatzhundertschaften und die Alpine Einsatzgruppe aus Rosenheim, die Bergwacht führte ebenso zusätzliche Kräfte aus Südostbayern heran. Doch selbst gegen Mittag gab es noch keine Spur des Mädchens. Aufgrund des gestiegenen Medienaufkommens entschied sich die Presseabteilung des Polizeipräsidiums Oberpfalz dazu, eine Führung durch die Einsatzleitung in Schafberg zu organisieren. Kurz nach Ende der Führung erreichte schließlich die Nachricht, dass das Mädchen zwischen Fichtenbach und Ceska Kubice von einem tschechischen Förster gefunden wurde, die Einsatzleitung. Der polizeiliche Einsatzleiter gab dies dann an die UG-ÖEL weiter, welche es über Funk an alle weiteren Organisationen bekannt gab. Der Einsatz in Schafberg war damit gegen 16 Uhr beendet.
Bei uns in der Feuerwache gingen zahlreiche Hilfsangebote durch die Bevölkerung ein. Vielfach wurde sich auch zu eigenen Suchaktionen abgesprochen. Um den Einsatz der Spezialhunde aber nicht zu erschweren, bat das Polizeipräsidium am Abend des 11. Oktober in den sozialen Medien, von eigenen Aktionen Abstand zu nehmen. Wir haben daher ebenfalls über Facebook um Verständnis bei der Bevölkerung gebeten und gleichzeitig für das große Interesse und die Hilfsbereitschaft gedankt. Im Einsatz von uns waren fast 50 Einsatzkräfte, dazu am 12. Oktober noch einmal sechs Kräfte für die UG-ÖEL.
Beteiligte Kräfte aus dem Landkreis Cham:
Feuerwehren Althütte, Ulrichsgrün, Waldmünchen, Höll, Katzbach bei Loibling, Grabitz, Vorderbuchberg, Ränkam, Stachesried, Atzlern, Kleinaign, Schafberg, Daberg, Großaign, Sengenbühl, Schafberg, Ränkam, Furth im Wald, Ast, Hocha, Prosdorf, Bad Kötzting, Rimbach, sowie KBR Michael Stahl, KBI Norbert Auerbeck, KBM Andreas Bierl, KBM Hans Hochmuth, KBM Christian Bauer, KBM Michael Sturm, KBM Markus Hierstetter, KBM Sebastian Scheuer, KBM Richard Richter, EKBM Josef Pritzl, und Kreisfeuerwehrarzt Dr. Stefan Enderlein. Bergwachten Furth im Wald, Lam, Cham, Neukirchen und ELRD Dominik Lommer sowie Tobias Muhr. Kräfte der Polizei Furth im Wald und Waldmünchen mit zahlreichen Sondereinheiten.
Gesamtkoordination auf deutscher Seite: Polizeiinspektion Furth im Wald, Polizeipräsidium Oberpfalz
Einsatzart | Technische Hilfeleistung |
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Alarmierung | Kleine Schleife - 170 |
Einsatzstart | 10. Oktober 2021 20:39 |
Einsatzdauer | 45 Stunden |
Fahrzeuge | TLF 16/25 |
V-LKW | |
MZF / Außer Dienst |